Einführung des Prinzips des faktischen Arbeitgebers in der Schweiz

Zusammen mit der neuen Quellensteuerverordnung ist am 1. Januar 2021 das Kreisschreiben 45 der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Kraft getreten, das die Harmonisierung des Quellensteuererhebungsverfahrens sowie die schweizweite Einführung des faktischen Arbeitgeberprinzips vorsieht.

Definition eines Arbeitgebers

Bei der Entsendung von Arbeitnehmern in andere Länder haben sich die Global Mobility Teams weltweit auf die so genannte "183-Tage-Regel" für ihre entsandten Mitarbeitenden verlassen. Die "183-Tage-Regel" ist eine Ausnahmeregelung nach Artikel 15 des OECD-Musterabkommens, das die Grundlage für viele Doppelbesteuerungsabkommen bildet.

Artikel 15 des OECD-Musterabkommens besagt, dass Erwerbseinkommen in dem Land besteuert wird, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Darüber hinaus werden in Absatz 2 desselben Artikels drei Bedingungen beschrieben, unter denen eine Steuerbefreiung gewährt wird:

  • Die Aufenthaltsdauer des Arbeitnehmers im Tätigkeitsland beträgt nicht mehr als 183 Tage innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums, der im betreffenden Steuerjahr beginnt oder endet
  • Die Entschädigung wird von einem Arbeitgeber oder im Auftrag eines Arbeitgebers gezahlt, der nicht im Tätigkeitsland ansässig ist
  • Die Vergütung wird nicht von einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsland getragen

In den letzten Jahren haben viele Länder begonnen, die Bedeutung des Begriffs "Arbeitgeber" in einem solchen internationalen Rahmen zu hinterfragen, da dieser Begriff in Steuerabkommen nur sehr selten definiert wird. Während einige Länder an der rechtlichen Definition des Begriffs "Arbeitgeber" festhalten, stellen andere Länder diese Definition in Frage und betrachten die Definition des Begriffs "Arbeitgeber" aus einer wirtschaftlichen Perspektive.

Ermittlung des Status des faktischen Arbeitgebers in der Schweiz

Während viele Länder weltweit - vor allem aber in Europa - in den letzten Jahren bereits das faktische Arbeitgeberprinzip angewandt haben, haben in der Schweiz bis zum Inkrafttreten der neuen Quellensteuerverordnung nur wenige Kantone (z.B. Zürich) dieses Prinzip berücksichtigt. Mit dem Kreisschreiben 45 hat die Eidgenössische Steuerverwaltung nun das faktische Arbeitgeberprinzip schweizweit eingeführt und damit das traditionelle Modell der Gewährung von Einkommenssteuerbefreiungen nach dem gesetzlichen Arbeitgeberprinzip in Frage gestellt.

Das auf den Kommentaren zum OECD-Musterabkommen basierende Konzept des faktischen Arbeitgebers besagt, dass der Arbeitgeber diejenige Gesellschaft ist, die aus wirtschaftlicher Sicht der Arbeitgeber ist, und nicht diejenige Gesellschaft, die den Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer unterzeichnet hat, die als formaler oder rechtlicher Arbeitgeber bezeichnet wird. Bei der Entsendung von Arbeitnehmern zwischen Konzerngesellschaften ist daher zu prüfen, ob die Tätigkeitsgesellschaft trotz der Lohnfortzahlung durch die Heimatgesellschaft und des Arbeitsvertrags mit der Heimatgesellschaft eine faktische Arbeitgebereigenschaft begründet. Eine faktische Arbeitgebereigenschaft ist insbesondere anhand der folgenden, nicht abschliessenden Kriterien zu beurteilen, die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung definiert worden sind:

  • Stellt die erbrachte Dienstleistung einen integralen Bestandteil der Geschäftstätigkeit des Tätigkeitsunternehmens dar?
  • Trägt das Tätigkeitsunternehmen die Verantwortung und die Risiken der vom entsandten Mitarbeitenden erbrachten Dienstleistungen?
  • Ist das Tätigkeitsunternehmen gegenüber dem entsandten Mitarbeitenden weisungsbefugt?
  • Wie weit ist die Integration in die betriebliche Organisation des Gastunternehmens erfolgt?
  • Trägt das Tätigkeitsunternehmen tatsächlich die Lohnkosten (konzerninterne Weiterverrechnung)?

Konsequenzen als faktischer Arbeitgeber

Gilt das Tätigkeitsunternehmen als faktischer Arbeitgeber, kann es sein, dass der entsandte Mitarbeitende, auch wenn die 183-Tage-Schwelle nicht überschritten wird, im Tätigkeitsland einkommenssteuerpflichtig ist. Für Entsendungen in die Schweiz bedeutet dies, dass im Falle eines schweizerischen faktischen Arbeitgebers - trotz Lohnfortzahlung durch das Heimatunternehmen - eine Quellensteuerpflicht besteht. Zur Vermeidung von unverhältnismässigen Verwaltungsaufwands sowohl für die Schweizer Steuerbehörden als auch für den faktischen Arbeitgeber hat sich in der Praxis die Regel herausgebildet, dass der Status des faktischen Arbeitgebers nur bei Entsendungen in die Schweiz von mehr als 3 Monaten innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums geprüft wird. In der Praxis bedeutet dies, dass bei Entsendungen von weniger als 3 Monaten in der Regel keine Quellenbesteuerung erfolgen muss und das Erwerbseinkommen im Heimatland voll steuerpflichtig bleibt.

Wenn eine Entsendung von weniger als 3 Monaten vereinbart wird und es sich als notwendig erweist, die Entsendung auf mehr als 3 Monate zu verlängern, oder wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der im betreffenden Steuerjahr beginnt oder endet, mehrmals in die Schweiz entsandt wird, beginnt die Quellensteuerpflicht ab dem ursprünglich ersten Arbeitstag in der Schweiz. Wird ein faktischer Arbeitgeberstatus in der Schweiz festgestellt, unterliegen in jedem Fall nur die tatsächlich in der Schweiz physisch geleisteten Arbeitstage der Quellensteuer.

Da der Arbeitgeber letztlich für die Abführung der Quellensteuern an die Steuerbehörden haftet, ist es wichtig, dass der faktische Arbeitgeberstatus vor Beginn der Entsendung analysiert wird, um sicherzustellen, dass die Lohnbuchhaltung korrekt geführt wird, damit vermieden werden kann, dass der Arbeitgeber am Ende die Quellensteuern zahlt, die von der Entschädigung des Arbeitnehmers hätten einbehalten werden müssen.

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